Gutes, richtig tun!

31 Mai 2021
Das Wissen, die Erfahrung und die Sendung von zwei Jahrtausenden kommen in den karitativen Tätigkeiten der Kirche zum Ausdruck. Die katholische Caritas wollte dies umfassend darstellen indem sie im Zeichen des IEK eine Konferenz organisierte.

Als Vorbereitungsprogramm für den 52. Internationalen Eucharistischen Kongress im September fand in Esztergom im St.-Adalbert-Zentrum eine internationale wissenschaftliche Konferenz über die karitative Aktivität der Kirche statt. In diesem Jahr feiert die katholische Caritas den 90. Jahrestag ihrer Gründung und den 30. Jahrestag ihres Neubeginns. Die Veranstaltung beleuchtete nicht nur die zweitausendjährige Geschichte der karitativen Tätigkeit der Kirche durch ungarische und internationale Referenten, sondern auch Perspektiven und Herausforderungen von Hilfsorganisationen im 21. Jahrhundert.

Péter Erdő: Demonstrieren und praktizieren wir die helfende Liebe!

Die Konferenz wurde von Péter Erdő eröffnet. In seinem Grußwort sprach der Kardinal, Primas von Ungarn, davon, dass die helfende Liebe seit jeher ein besonderes Kennzeichen des Christentums gewesen sei. Der Kardinal schilderte die Entwicklung der karitativen Tätigkeit und erzählte, dass die Armen-, Kranken- und Altenpflege im Römischen Reich während der Zeit der Christenverfolgung im 3. Jahrhundert schon von einem solchen Ausmaß war, dass auch die Kaiser darauf aufmerksam wurden. Aus der Zeit des frühen Christentums sind Denkmäler und Aufzeichnungen über die Verteilung von Lebensmitteln, die Unterstützung der Bedürftigen und die Verpflichtung zur Gastfreundschaft erhalten geblieben. Péter Erdő betonte: „Heute, wo wir erneut zu dem starken Bewusstsein zurückkehren, dass die christliche Gemeinschaft eine zusammenhaltende brüderliche Gemeinschaft ist, sollten wir uns diese Erfahrungen vergegenwärtigen. Die Kirche engagiert sich zunehmend in karitativen Aktivitäten. Betrachten wir den Internationalen Eucharistischen Kongress als eine Gelegenheit und eine Möglichkeit, etwas von dieser helfenden Liebe zu demonstrieren und zu praktizieren. Auch das soll den Zusammenhalt unserer Gemeinschaft stärken und zum Ausdruck bringen, dass die Quelle, die wir in der Eucharistie empfangen, unsere gesamte Umgebung mit lebensspendendem Wasser überflutet.“

Karitatives Handeln geht über die Kirche hinaus

Kardinal Peter A. Turkson, Leiter des Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen, teilte seine Gedanken unter dem Titel „Die Liebe Christi treibt uns“. Der Kardinal stellte kurz die Körperschaft vor, die von Papst Franziskus gegründet wurde und seit 2017 aktiv ist. Das Gremium ist zuständig für Angelegenheiten im Zusammenhang mit Migration, Bedürftigen, Kranken und Ausgeschlossenen, Ausgegrenzten, Opfern bewaffneter Konflikte und Naturkatastrophen, Inhaftierten, Arbeitslosen und allen Formen von Sklaverei sowie Opfern von Foltern, und Menschen, deren Würde gefährdet ist. Kardinal Turkson betonte: die von Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus so oft erwähnte barmherzige Liebe ist ebenso wichtig in der Kirche wie die Gerechtigkeit in unseren Gesellschaften. Er fügte auch hinzu, dass die Demonstration von Taten der Liebe über die Kirche hinausgeht. Die katholische Kirche unterhält eine Reihe von Organisationen, die nicht nur im kirchlichen Rahmen tätig sind. Neben Krisengebieten sind katholische Hilfsorganisationen auch in Ländern mit islamischer Dominanz präsent. Dies zeige, so der Kardinal, die universelle Verantwortung der Kirche gegenüber der Menschheit und der Welt. Klaus Baumann, Professor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, hielt einen Vortrag über die Bedeutung der Caritas als Wissenschaft. In Freiburg wurde die erste Caritas-Organisation gegründet.

Globale Verantwortung

Antal Spányi, Präsident der Katholischen Caritas, stellte den operativen Rahmen der Organisation und die Hauptbereiche ihrer Tätigkeit vor. In seinem Vortrag erinnerte er an die 90-jährige Geschichte der Caritas und präsentierte ausführlich die Früchte der gemeinsamen Arbeit der vergangenen Jahrzehnte. Sie bieten unter anderen in acht Hauptbereichen Unterstützung, darunter für Familien in Krisen, Suchtkranke, pflegebedürftige ältere Menschen, Flüchtlinge, aus sozialen oder anderen Gründen Benachteiligte sowie Gemeinschaften in schwierigen sozialen Verhältnissen außerhalb der Grenzen von Ungarn. Über die Unterstützung hinaus wird darauf großer Wert gelegt, möglichst vielen Menschen die Selbstversorgung zu ermöglichen. Antal Spányi wies darauf hin, dass die Caritas (Karitász) zu einer der größten Hilfsorganisationen in Ungarn geworden ist. Sechzehn Diözesanzentren, 18 soziale Einrichtungen, zehntausend Freiwillige, dreihundert Vollzeitkräfte und achthundert Wohltätigkeitsgruppen von Pfarreien leisten den Bedürftigen Hilfe.

In der Fortsetzung sprach Lóránd Ujházi, leitender Forscher an der Nationalen Universität für den Öffentlichen Dienst, im Zusammenhang mit der dreifachen Sendung der Kirche – Heiligung, Lehre, Regierung – darüber, dass die karitative Liebe in allen von ihnen erscheint. Der Referent fügte hinzu, dass die Kirche im Umgang mit den neuartigen Krisen in einer sich globalisierenden Welt eine immer bedeutendere Rolle einnimmt. Ihre Präsenz ist nicht auf sicherheitspolitische Erwägungen zurückzuführen, sondern auf die Sendung – das Gebot der Nächstenliebe –, die der Gründer der Kirche überlassen hat. Somit kann der Heilige Stuhl für alle Opfer von Konflikten auf der ganzen Welt sein Wort erheben. Die katholische Kirche befindet sich in einer Zeit der Gnade; sie ist bei der Umsetzung der Bestimmungen der Synoden, in der Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, durch die ständige Beobachtung der sicherheitspolitischen Lage gut vorbereitet und nicht als Zuschauerin der Ereignisse anwesend. Sie kann ihren dreifachen Auftrag im Sinne der Caritas erfüllen und ist in der Lage, über die großen Leiden und Krisen der Menschheit zu reflektieren.

Wissen von zweitausend Jahren

Tamás Tóth, Sekretär der Ungarischen Katholischen Bischofskonferenz, gab einen kirchengeschichtlichen Überblick über die Armenfürsorge und deren Vielfalt. Der Kirchenhistoriker erinnerte an die hingebungsvolle Liebe der heiligen Elisabeth von Thüringen, mit der sie den Bedürftigen half. Er sprach auch von der mittelalterlichen Einrichtung des katholischen Pfandhauses, das bedürftigen Menschen in Not Geld gegen ein Pfand verlieh und sie so vor der schmerzhaften Last des Wucherzinses schützte. In seiner umfassenden Präsentation hob Tamás Tóth die Vielschichtigkeit der kirchlichen, unterstützenden Präsenz hervor. Er hob mehrere Ordensgründer aus dem 16. Jahrhundert hervor, die mit ihren Gemeinden eine Reihe von gemeinnützigen Aufgaben auf sich genommen haben, von der kostenlosen Bildung für Kinder bis zur Krankenpflege.

Auf der Konferenz sprach Miklós Soltész, Staatssekretär für die Beziehungen zu den Kirchen und zu den Volksgruppen, über die Einstellungsänderung, die in den letzten zehn Jahren in Ungarn stattgefunden hat, und die zu einer Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Staat und Kirchen bei der Durchführung sozialer und karitativer Zwecke geführt hat.

Wir rudern in einem Boot

„Die Sendung der Caritas wurzelt in der Überzeugung, dass die Liebe ein großes Geschenk Gottes an die Menschheit ist, das sich im Dienst der Kleinsten verkörpert, mit denen sich Christus identifiziert hat“, betonte Aloysius John, Generalsekretär von Caritas Internationalis, der früher auch der Leiter der Institution für Institutionsentwicklung und Kapazitätsaufbau war.

Der Generalsekretär sagte, heute sei "kreative Solidarität" gefragt. Nach der Corona-Pandemie werde die Welt eine ganz andere sein, was auch von Hilfsorganisationen neue Ansätze von erfordere. Er fügte hinzu: „Die Pandemie hat momentan das Gefühl, eine globale Gemeinschaft zu sein, wiederbelebt. Wir alle rudern in einem Boot, in dem das Problem einer Person das Problem aller ist.“ Als einer der Leiter der internationalen Organisation machte er auf die Notwendigkeit des Kapazitätsaufbaus zur Verbesserung der Qualität der beruflichen Arbeit aufmerksam.

Mission von Mensch zu Mensch

Dániel Solymári, Leiter des Ungarischen Maltesischen Wohltätigkeitsdienstes für Internationale Beziehungen, hielt einen Vortrag darüber, wie man im Lichte der Enzyklika Fratelli Tutti von Papst Franziskus „Gutes richtig tut“. Er fasste kurz die Veränderungen der Umwelt- und Sicherheitspolitik in unserer Welt und deren Folgen zusammen. Er zeigte dem Publikum das Foto eines kleinen Mädchens in einem Flüchtlingslager in Jordanien, dessen Eltern und Großeltern bereits dort, aus ihrer Heimat vertrieben, geboren sind. Was für ein Zukunftsbild kann das Kind wohl haben? – stellte der Chef der Hilfsorganisation die Frage. Solymári machte darauf aufmerksam, dass die Zahl der Migranten um 100 Millionen gestiegen ist und dass 40 Prozent derjenigen, die zum Verlassen ihrer Heimat und zur Migration gezwungen sind, Kinder sind. Im Zusammenhang mit dem Problemmanagement betonte er die Bedeutung von Beziehungen und die Offenheit. Er verwies auf die Enzyklika von Papst Franziskus, in der der Heilige Vater betonte, dass wir keinen Abstand zueinander halten dürfen. Laut Dániel Solymári müssen wir auch auf sozialer Ebene so denken, als ginge es um unsere Familie. Wenn einer unserer Verwandten krank wird, leidet die ganze Familie, und versucht zu helfen. Es ist Zeit zu handeln, zu helfen, Gutes richtig zu tun! – schloss Dániel Solymári seine Präsentation.

Richárd Zagyva, stellvertretender Landesdirektor der Katholischen Caritas, präsentierte eine Karte der Wohltätigkeit der Kirche bei der Darstellung sozialer und humanitärer Aktivitäten im Zusammenhang mit der ungarischen katholischen Kirche. Er betonte, dass man bewusst auf den Begriff Armenfürsorge verzichte. Karitative Liebe und Hilfe ist viel mehr als das: Sie ist offen gegenüber allen Formen von Armut, sie befasst sich auch mit den Problemen von Menschen, die im Zuge der negativen Auswirkungen der Globalisierung weniger sichtbar und marginalisiert sind. Dies schließt unter anderem Opfer von sexueller Ausbeutung und Menschenhandel ein, diejenigen, die an lokalen Epidemien leiden, die aufgrund ihrer veränderten Fähigkeiten oder aus irgendeinem Grund ausgeschlossen wurden. Die kirchliche Caritas muss aus dem Glauben entspringen und umfassende Veränderungen einleiten, um die Situation der Schutzbedürftigen zu verbessern.

Ohne Offenheit und Erkenntnis gibt es keinen Frieden

Tadeusz Kamiński, Universitätsdozent an der Universität UKSW in Warschau, erforscht seit einiger Zeit das Verhältnis von Staat und Kirche. Er stellte drei, in Europa gängige Modelle vor, entlang der Frage, inwieweit die Gesetzgeber die Rolle von Staat und Kirche bei der Erbringung sozialer Dienstleistungen trennen. Er meinte, in erster Linie die polnische Praxis hervorhebend, dass Staat und Kirche zusammenarbeiten sollten. Attila Fülöp, Staatssekretär für Soziales, gab einen Überblick über die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat in Ungarn. Er betonte, dass der Staat kein Monopol auf das Sozialsystem haben könne. Er fügte hinzu, dass die Kirche im Bereich der Hilfeleistung und Unterstützung über zweitausend Jahre Erfahrung, Wissen und Engagement verfügt, die niemand ersetzen kann. Er nannte es einen Irrweg, Hilfeleistung als staatliches Monopol anzusehen.

Ohne Offenheit und Erkenntnis könne kein Frieden geschaffen werden, sagte Generalmajor József Padányi, stellvertretender Rektor der Nationalen Universität für den öffentlichen Dienst, der über die Erfahrungen der zivilen und militärischen Zusammenarbeit sprach. Er stellte den Militärseelsorgedienst der Ungarischen Armee sowie seine Rolle und Bedeutung vor. Der Generalmajor betonte, dass der Schlüssel zur Durchführung einer Friedensmission in Bosnien oder anderswo und beim Aufbau des Kontakts zu lokalen Gemeinschaften immer die Zusammenarbeit mit religiösen Führungspersonen sei. Vertreter der Kirchen fänden am schnellsten den gemeinsamen Ton, bemerkte József Padányi.

Die Konferenz wurde mit Sektionsdiskussionen über bewährte Praktiken, Perspektiven der Hilfeleistung und karitatives Engagement im Gesundheitssystem fortgesetzt. Die Konferenz wurde von Gábor Écsy, dem Landesdirektor der Katholischen Caritas geschlossen.

Foto: Magyar Kurír/Attila Lambert